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Nur ein bisschen Veränderung reicht nicht

 

Um die Jahrtausendwende hatte ich einmal die Möglichkeit, ein sogenanntes Online-Volontariat beim Handelsblatt zu absolvieren. Es war eine neue Form der Ausbildung damals, die den Entwicklungen im Journalismus Rechnung tragen sollte. Ich hatte mich allerdings auf ein „normales Volontariat“ bei der Zeitung beworben und lehnte ab. Online-Volontariat – das klang irgendwie unseriös. Man kann wohl sagen, dass ich die Bedeutung von Online-Medien damals falsch eingeschätzt habe. Es war das Jahr 2000 – lange Zeit vor dem iPhone (2007), vor Twitter (2006), vor Zalando (2008) und nur fünf Jahre nach Amazon. 

Auch viele Unternehmensinhaber haben damals sicherlich die Digitalisierung nicht richtig ernst genommen. Doch das ist lange vorbei. Der deutsche Mittelstand beispielsweise arbeitet kontinuierlich an seiner Digitalen Transformation. Die Mehrheit ist inzwischen überzeugt, dass sie nur so auf Dauer wettbewerbsfähig bleiben und produktiver arbeiten kann. Das zeigt unter anderem die repräsentative Studie „Digitalisierungsindex Mittelstand 2019/2020“ der Deutschen Telekom. Es gibt allerdings eindeutig noch Luft nach oben – gerade bei den mittelständischen Unternehmen. Sie erreichen in Bezug auf den Digitalisierungsindex 56 von 100 möglichen Punkten. Das ist nur ein Indexpunkt mehr als im Jahr zuvor. Den Spitzenwert von 100 Punkten würde ein Unternehmen erreichen, wenn es sämtlichen digitalen Handlungsfeldern die höchste Relevanz zuordnen würde und dabei maximal zufrieden mit der eigenen Umsetzung wäre. 

51 Prozent der Unternehmen begreifen laut Studie die Digitalisierung als strategisches Projekt. Das heißt aber auch: Jedes zweite Unternehmen tut das nicht. Diese Hälfte experimentiert allenfalls noch. Dabei drängt die Zeit. Die Kluft zu den digitalen Vorreitern, die Gewinne mit digitalen Geschäftsmodellen erzielen und kontinuierlich in digitale Kundenerlebnisse investieren, wird größer. Vielleicht scheuen manche auch (unbewusst) den Wandel. Denn die Digitale Transformation bedeutet ja nicht nur, neue Technologien zu nutzen. Sie verändert die ganze Kultur eines Unternehmens: die Arbeitsweisen und Abläufe, die Führung, die Beziehungen zu Kunden und Lieferanten. 

Die Ausweitung des Homeoffice, die wir gerade beobachten, bedeutet ja auch nicht nur, sichere VPN-Verbindungen einzurichten. Das „New Normal“ beinhaltet neue Formen der Zusammenarbeit und verlangt eine andere Führung, als wenn die Mitarbeitenden ständig im Raum nebenan sitzen. Mit der Digitalisierung entstehen neue Unternehmen. Entweder es sind neue, von Anfang an digitale Firmen. Oder es sind Organisationen, die sich komplett erneuern (müssen). Was auf Dauer nicht geht, ist ein bisschen Digitale Transformation zu machen. Das reicht nicht. Zwar weiß jeder – auch ich mit Blick auf die Medien –, dass die Digitalisierung nicht mehr weg geht und von immenser Bedeutung ist. Aber die tatsächlichen Konsequenzen dieser Erkenntnis sind noch nicht allen klar.

Jan C. Weilbacher, Redakteur

changement! Ausgabe 07/2020: Strategien für die Digitalisierung

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