Fernweh: Sie suchten das Paradies und fanden die Hölle
Erinnert sich eigentlich noch irgendjemand an Daniela Katzenberger? Diese kreischblonde »Darstellerin«, wie sie bei Google firmiert? Oder an den stets Cowboyhut tragenden Konny Reimann, der den Beinamen »Auswanderer« trägt wie früher Könige den Zusatz »der Große«? Friedrich der Große. Konny der Auswanderer. Wie »die Katze« und Konny Reimann durch die Fernsehshow »Goodbye Deutschland« hat in den vergangenen 20 Jahren auch das Wort »Auswanderer« Karriere gemacht – und auch das Auswandern an sich. Während 2003 noch rund 127.000 Deutsche das Glück in der Ferne suchten, waren es 2023 mehr als doppelt so viele, knapp 271.000. Jenen, die nach dem Paradies strebten, aber die Hölle fanden, haben wir in diesem Heft unser Titelthema gewidmet
Unsere Autorin Leonie Daumer ist auf die Azoren geflogen, um einem mysteriösen Doppelmord hinterherzuspüren. Tilman Wörtz hat einen Reichsbürger in Paraguay getroffen, der in die Fänge einer irrlichternden Justiz geriet – und sich plötzlich an die warmen Arme der BRD erinnerte, eines Staates, den er als »Konstrukt« doch eigentlich ablehnt. Ich möchte Ihnen darüber hinaus ein rührendes und belangvolles Gespräch ans Herz legen. Ein ehemaliger Richter und ein in den Sechzigerjahren Verurteilter reden über den Unrechtsparagrafen 175, der »die widernatürliche Unzucht« zwischen Männern unter Strafe stellte – und der erst 1994 endgültig aus dem Strafgesetzbuch gestrichen wurde. Zudem durften wir Mäuschen spielen beim Training des SEK in Hamburg.
Ich wünsche Ihnen eine anregende und nachdenkliche Lektüre!
Daniel Müller