Back to Basics
Wir kommen aus einer Zeit der Extreme und Verheißungen. Disruption, Rebellion, Hauptsache umwälzend! Doch was hat funktioniert? Und was haben hochgehängte Change-Initiativen und große Transformationsprojekte wirklich verändert? Ernüchterung macht sich breit. New Work, Agilität, demografischer Wandel, Dekarbonisierung, Digitalisierung: Wo bleibt die Zeitenwende? Haben wir die Dinge wirklich fundamental verändert?
Die Wahrheit ist: Es gibt keine „silver bullet“, mit der sich Veränderungsmüdigkeit, -anstrengung und -konflikte auf einen Schlag auflösen würden. Was gelingt, gelingt in Schritten. In der Balance aus ambitionierten Zielen und pragmatischen Lösungen. Oder, wie Carsten Breuer, der Corona-General und neu berufene Generalinspekteur der Bundeswehr, es in dieser Ausgabe auf Seite 70 zusammenfasst: „Es ist keine Zeit für Goldrandlösungen!“
Es ist Zeit für eine neue Ausgewogenheit. Zeit für Augenmaß und solides Handwerk – eben „back to basics“. Der Gedanke zieht sich durch die Beiträge unserer Autorinnen und Autoren. Zum Beispiel der zur Change-Kommunikation. Hier wird klargestellt: Bevor wir forsche Ansagen machen, sollten wir verstehen, was die Betroffenen umtreibt. Oder jener Beitrag zu Evidence Based Change Management. Hier heißt es: Bevor wir große Würfe planen, sollten wir ermitteln, was die relevanten Fragen sind und ob es Anhaltspunkte dafür gibt, dass unsere Lösungen funktionieren.
Auch mit Blick auf Leadership gilt: Bevor wir Projektleitende zu den neuen Change-Heroen erklären und diese überfordern, sollten wir Führung und Verantwortung teilen und alle in Sachen Change befähigen. Und was lässt sich zu den Fuck-ups sagen, die Change-Projekte mit sich bringen? Bevor wir das Scheitern zur Lust verklären, sollten wir die Möglichkeiten zu scheitern minimieren und sicherstellen, dass wir aus Fehlern lernen.
Auch zur viel zitierten „Change Fatigue“ kommt unsere Autorin zu einem überraschenden Fazit: Bevor jeder einzelne von uns im Change-Hamsterrad seine Kräfte erschöpft, sollten wir den Wandel lieber in Teams bewältigen und sogar schätzen lernen. Und Strategie? Da gilt: Bevor wir von allen erwarten, dass sie ihr Mindset ändern, sollten wir die Rahmenbedingungen schaffen, die ein neues Verhalten ermöglichen. Und simpel, aber schlagend: Bevor wir Agilität von Führungskräften und Mitarbeitenden fordern, sollten wir als Change-Profis bei uns selbst anfangen.
Wer erinnert sich nicht an Beppo Straßenkehrer aus Momo, der dem kleinen Mädchen erklärt, dass die große Aufgabe nur erreichbar ist, wenn man sie Schritt für Schritt angeht? Ein wichtiger erster Schritt ist immer, sich über grundsätzliche Rollen im Change (Projektleitung, Führungskraft, Change Manager) zu verständigen, Aufgaben zu definieren, Strukturen festzulegen. Denn ohne den Besen in der Hand, mit der wir die Straße auch tatsächlich freiräumen, wird sie nicht begehbar. Und das bleibt das Ziel für alle neuen Wege, die wir uns mit gutem Projekt- und Change Management bahnen.
Sonja Würtemberger, Randolf Jessl, Gastredakteure